Im Gespräch mit SHK-AKTUELL analysieren Michael Holter und Markus Steinbrecher die aktuelle Situation in unserer Branche und zeigen, wo der Großhandel im Dreistufigkeitsgefüge seine Stärken ausspielen kann.
SHK-AKTUELL: Zum Jahreswechsel sorgte die Nachricht, dass sich die Eigentümerstruktur Ihres Unternehmens ändert, für großes Aufsehen. Sie sind ab sofort gemeinsam mit Ihrer Schwester Mehrheitseigentümer. Was ändert dies nun an Ihrer Strategie? Werden Sie auch wieder operative Aufgaben übernehmen?
Michael Holter: Es lässt sich wohl ab einer gewissen Betriebsgröße nicht vermeiden, dass man sich mit der Zeit einfach zu viel mit sich selbst beschäftigt. Das bindet wertvolle Kapazitäten, die in herausfordernden Zeiten fehlen. Daher möchte ich mich bei meiner Cousine bedanken, dass wir diese Lösung gefunden haben. Denn gerade in Familienunternehmen ist das oft nicht so einfach. An unserer grundsätzlichen Strategie ändert sich dadurch jedenfalls nichts.
Wir sind mit Markus Steinbrecher als operative Spitze sehr gut aufgestellt. Das schafft nach den unruhigen Zeiten der Vergangenheit nun Stabilität und Sicherheit.
Was meine Person betrifft, bleibe ich Aufsichtsratsvorsitzender, werde jedoch Markus Steinbrecher selbstverständlich mit meinen Netzwerkkontakten bestmöglich unterstützen und stehe bei Bedarf auch als Ansprechpartner für unser Kunden- und Lieferantennetzwerk gerne zur Verfügung. Doch die operative Führung ist und bleibt in den Händen von Markus Steinbrecher. Er genießt das uneingeschränkte Vertrauen der gesamten Holter-Familie. Meine Schwester Susanne, mit der ich nun die Mehrheit der Unternehmensanteile halte, sitzt bereits seit vielen Jahren in unserem Aufsichtsrat – kennt also das gesamte Gefüge ganz genau.
SHK: Laut Firmenbuch ist die Struktur der Gruppe sehr komplex in unterschiedliche Holdings gegliedert. Ändert sich das nun durch die Anteilsverschiebungen?
MH: Das hat sich aus den familiären Beteiligungen historisch so entwickelt. Möglicherweise lässt sich dies nun, wo meine Schwester und ich die Mehrheit der Anteile halten, etwas verschlanken.
SHK: Ihre Vertriebsoffensive in Deutschland wurde zuletzt nachjustiert und auf den Südosten Bayerns konzentriert. Wie sieht hier der aktuelle Letztstand aus?
Markus Steinbrecher: Wir haben bei unserer Deutschland-Expansionsstrategie im letzten Jahr erkannt, dass die Kostenstruktur in dieser Form nicht entsprechend funktioniert. Es hätten weitere Mittel zugeschossen werden müssen, die wir in der aktuellen Situation nicht investieren wollten. Daher konzentrieren wir uns nun aus strategischen Gründen auf den Südosten Bayerns, da wir ihn als perfekte Ergänzung zu unserem Einzugsgebiet sehen. Möglicherweise wollten wir damals einfach zu viel auf einmal.
SHK: Dass die Konjunktur schwächelt, ist ja kein Geheimnis. Wie reagiert Holter auf die aktuelle Situation?
MS: In unserer Branche sind wir bekanntlich mit zweistelligen Umsatzrückgängen konfrontiert. Auch der mittelfristige Ausblick auf das laufende Jahr ist recht herausfordernd.
Dennoch war es schon immer ein zentrales Element unserer Firmenphilosophie, auch in angespannten Zeiten hinter unseren Mitarbeitern zu stehen. Wir haben daher gemeinsam mit unserem Team eine faire Lösung gefunden. Konkret verzichten unsere Mitarbeiter ein halbes Jahr lang auf fünf Prozent ihres Gehalts, und erhalten dafür zehn Prozent Freizeit. Der Großteil unserer Mitarbeiter trägt dieses Modell mit. Diese Solidarität zum Unternehmen hat uns sehr begeistert und auch stolz gemacht. Schließlich ist es ein klares Commitment für den großen Zusammenhalt.
SHK: Laut aktuellen Erhebungen gehen in Deutschland rund 50 Prozent des Heizungsumsatzes und bei Sanitärartikeln 70 Prozent über den Ladentisch des Großhandels. Für Österreich gibt es keine derartige Studie. Von welchen Anteilen können wir Ihrer Einschätzung nach hierzulande ausgehen?
MS: Die Struktur ist in Österreich, was die Dreistufigkeit betrifft, bekanntlich etwas anders. Wir gehen davon aus, dass drei Viertel des Sanitärumsatzes über den Großhandel gehen und circa ein Drittel aus dem Heizungsbereich.
SHK: Die Strukturierung des Vertriebs ist ja ganz generell vor allem für die Industrie ein Balanceakt, um die bewährte dreistufige Branchenkultur nicht zu beschädigen. Erkennen Sie hier aktuell Veränderungen?
MS: Sowohl Handel als auch Industrie befinden sich in herausfordernden Zeiten, in denen Strategie und Struktur laufend zu hinterfragen und allfällig nachzujustieren sind – ohne Denkverbote. Dennoch bietet die Dreistufigkeit unserer Branche auch heute noch den größten Mehrwert.
Es ist eigentlich ganz simpel: Wenn jeder das macht, was er am besten kann, kommt auch das Beste dabei heraus. Auch wir als Großhändler müssen ebenso wie die Erzeuger jeden Tag aufs Neue an der Effizienz der Organisation arbeiten und neue Wege ausloten. Vor allem dann, wenn das Hemd enger wird, stellt man schnell mal Sachen infrage – das liegt auf der Hand. Aber am Ende des Tages hat sich bisher noch immer herausgestellt, dass die Dreistufigkeit für die meisten Produkte unserer Branche der effizienteste Weg ist.
SHK: Wie beurteilen Sie die aktuellen Marktanteilsgewinne des Onlinehandels? Inwieweit sehen Sie den Direktvertrieb durch den Hersteller als Herausforderung und welche Position schreiben Sie in diesem Gefüge dem Baumarkt zu?
MS: Dies lässt sich nicht so leicht abgrenzen, da teilweise auch das Baumarktgeschäft über den Großhandel läuft. Signifikante Zugewinne des Onlinehandels können wir nicht erkennen, dennoch ist es ein Vertriebskanal, der uns vor Herausforderungen stellt
MH: Doch dass dies so bleibt, darf natürlich nicht vorausgesetzt werden. Es bedingt, dass wir alle gemeinsam die Kundenwünsche zeitnah bedienen. Denn wenn wir dem potenziellen Kunden keine entsprechenden leistbaren Lösungen bieten, wird er in den Baumarkt abwandern oder online bestellen. Unsere gemeinsame Aufgabe muss es sein, sich noch viel deutlicher als zentrale Anlaufstelle für alle Haustechnikprojekte zu positionieren.
SHK: Stichwort „leistbare Lösungen“: Wie lassen sich auch preisbewusste Käufer in unserer Branche halten? Inwieweit spielen dabei Ihre Exklusiv- bzw. Eigenmarken eine Rolle?
MS: Wenn Sie damit unsere „Mein Holter-Bad“-Serie meinen, sprechen wir nicht von einer Eigenmarke, sondern von einem Vermarktungskonzept. Wir bieten hier in Zusammenarbeit mit der Markenartikelindustrie Exklusiv-Sortimente, die die beliebten Brands zu einem hochwertigen Badetraum zusammenfügen. Unsere Schauraumberater liefern dabei als One-Stop-Shop ein Rundum-Sorglos-Paket, wo von der Beratung bis hin zur Realisierung durch den Installateur das gesamte Bad als Einheit gesehen wird.
MH: Selbstverständlich bieten wir aber neben Exklusivsortimenten auch unsere Eigenmarke Concept an, die gemeinsam mit der Markenartikelindustrie erzeugt wird. Denn die braucht es ebenso, wie die bekannten Hersteller-Marken, um sämtliche Käufersegmente ansprechen zu können. Um eben auch preisbewusste Kunden nicht an andere Kanäle zu verlieren. Das Geheimnis des Erfolgs ist ein guter Mix, eingebettet in einer breiten Produktrange – kein entweder oder. Bestes Beispiel ist der Lebensmittelhandel, in dem die Handelsmarken seit Anfang der 80er-Jahre fixer Bestandteil im Sortiment sind, und in all den Jahren keine Markenartikel verdrängt haben. Ohne der Innovationskraft der Markenindustrie geht es eben nicht.
SHK: Wie bereits erwähnt, schwächelt die Konjunktur. Welche Rahmenbedingungen erwarten Sie von der neuen Regierung, damit die Wirtschaft wieder besser in die Gänge kommt?
MS: Wir erwarten uns, dass Rahmenbedingungen kommen, die Planungssicherheit für mehrere Jahre bieten.
SHK: Also sehen Sie Planungssicherheit wichtiger als allfällige Förderungen?
MS: Ja, eindeutig. Bestes Beispiel ist die Heizungstauschförderung, die trotz enorm hohen Fördersummen bei weitem nicht den gewünschten Hebel auslösen konnte, sondern sogar für Verunsicherung gesorgt hat. Die Menschen haben auf die Aussagen der Regierung vertraut, dass es diese Förderung bis Ende 2025 geben wird. Als diese dann Ende letzten Jahres plötzlich abgedreht wurde bzw. ersatzlos ausgelaufen ist, da das Budget dafür aufgebraucht sei, hat das die Bevölkerung verständlicherweise verärgert und verunsichert.
MH: Ich habe jedes Verständnis, dass man in der aktuellen politischen Situation das Budget zu konsolidieren hat. Doch nun einfach alle Lenkungsmaßnahmen zur Energiewende radikal abzudrehen, ist zweifelsfrei der falsche Weg.
Die Erreichung der Klimaziele und einer lebenswerten Zukunft für die kommenden Generationen muss unser aller Anliegen sein. Eine entsprechende Förderung ist deshalb unbedingt nötig! Man muss den Kosten einer Förderung die Wertschöpfung für die Wirtschaft und somit den positiven Effekt für die Konjunktur gegenüberstellen, die durch den Tausch von Heizungen in Österreich generiert wird. Und schließlich sollte auch an die Eigenverantwortung in der Bevölkerung hinsichtlich Nachhaltigkeit appelliert werden. Nicht jede Initiative steht und fällt mit einer Förderung.
MS: Wir dürfen uns aber nicht nur auf die Politik verlassen, sondern haben als Unternehmer auch eine Eigenverantwortung: Insbesondere, da unsere Branche wie keine andere für Nachhaltigkeit und die Energiewende steht. Eine nachhaltigere Zukunft darf nicht nur von der Höhe der Förderungen abhängig, sondern muss unser aller Anliegen sein.
MH: Doch neben viel Schatten gibt es auch einiges an Licht. Beispielsweise dürfte das Auslaufen der KIM-Verordnung für frischen Wind in der Bauwirtschaft sorgen. Auch die Senkung der Leitzinsen spricht für ein Ende der Wirtschaftskrise. Der vorhandene Rückstau im Neubau macht uns zuversichtlich, dass nun auch der Sanitärbereich wieder anziehen wird.
SHK: Die kommende Regierung, egal wie sie sich schlussendlich konstituiert, wird angesichts des Sparzwangs jedenfalls nicht viele Möglichkeiten haben, die Wirtschaft zu stimulieren. Was erwarten Sie sich dennoch?
MS: Dass man jetzt nicht nur sparen kann, sondern auch investieren muss, um die Wirtschaft wieder wachsen zu lassen, ist keine Raketenwissenschaft. Das wird auch die Regierung wissen.
SHK: Themenwechsel: Rund um die Corona-Pandemie wurden allerorts die Lager maximal aufgestockt. Wie lassen sich diese jetzt, wo die Nachfrage zurückgegangen ist, wieder auf ein normales Niveau anpassen? Ist mit einem Preiskampf zu rechnen?
MS: Wer sich erst jetzt damit auseinandersetzt, hat sicher ein Thema. Bei uns hat dieser Prozess bereits 2023 begonnen. Aber unserer Wahrnehmung nach sind auch die Lager der Installateure mittlerweile wieder auf dem üblichen Stand. Übervolle Lager sollten kein Thema mehr sein. Dass wir die Lagerdrehung ständig im Auge zu behalten haben, zählt ja zu einer unserer Kernkompetenzen. Wir erwarten keinen noch intensiveren Preiskampf.
SHK: Die Auftragsbücher der Installationsbetriebe dürften aufgrund der abzuarbeitenden, reservierten Förderanträge für den Heizungstausch bis zum Sommer gut ausgelastet sein. Danach könnte – folgt man dem üblichen Zyklus – das Pendel wieder zu Gunsten von Badprojekten ausschlagen. Sehen Sie das auch so?
MS: Wahrscheinlich wird die Auftragslage dafür sorgen, dass die Installateure über den Sommer hinaus gut mit dem Heizungstausch ausgelastet sind. Vorausgesetzt, dass von den bewilligten Förderanträgen auch ein Großteil wirklich realisiert wird. Aber auch wir gehen davon aus, dass dann der Sanitärbereich wieder Fahrt aufnehmen wird. Schließlich liegen viele offene Projekte fix und fertig in der Schublade.
SHK: Letzte Frage: Welche Position muss der Großhandel im Branchen-Marktgefüge einnehmen, und welche Schritte sind dafür aus Ihrer Sicht einzuleiten?
MH: Ich glaube, dass der Großhandel innerhalb der Dreistufigkeit gut positioniert ist. Es gilt, im engen Schulterschluss mit Industrie und Handwerk das Potenzial, das sich aus dem Rückstau im Wohnbau sowie den Maßnahmen zur Energiewende ergibt, maximal abzuholen. Wenn dabei jeder seine Stärken ausspielt, und wir auf unsere eingespielte Partnerschaft vertrauen, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Schließlich ist unsere Branche erster Ansprechpartner für alle Projekte, wenn es um Nachhaltigkeit, Lebensqualität und Wohlbefinden geht.