Dass Preiserhöhungen am Energiemarkt mit Verzögerung weitergegeben werden, sieht Roger Hackstock, Geschäftsführer Verband Austria Solar, als Gefahr für Unternehmen, da sie dadurch ihre Entscheidung für einen Systemwechsel auf nachhaltige Systeme zurückstellen. Denn die unweigerlich drohenden hohen Preise sind gekommen, um zu bleiben.
Wir bekommen Gas um drei Cent am Markt, da ist ihr Vorschlag leider nicht wirtschaftlich“, hören Projektentwickler immer wieder, wenn es um Lösungen zum Ausstieg aus russischem Erdgas geht.
Der Gaspreis ist seit dem Frühjahr um vierzig Prozent gestiegen und hält sich auf dem Niveau. Große Unternehmen und Energieversorger sehen aber noch keinen Anlass zu handeln, weil die Erhöhung bei ihnen zeitverzögert eintrifft. Das verhindert Investitionen, die über die nächsten Jahrzehnte unabhängig von fossiler Energie machen würden.
Die Verbraucher sitzen in der Falle, bekanntlich läuft der Durchleitungsvertrag von russischem Erdgas durch die Ukraine nach Österreich mit Ende des Jahres aus. Keiner weiß, ob sich die Vertragsparteien auf einen neuen Vertrag einigen können. Ein Lieferstopp würde den Gaspreis laut Energieagentur und E-Control mit einem Schlag um zehn bis vierzig Prozent erhöhen. Das wird in erster Linie jene treffen, die tatenlos darauf warten, was nächstes Jahr passiert, anstatt den längst überfälligen Ausstieg aus Öl und Gas zu vollziehen.
2022 sind die Preise allerdings auf Monatsbasis bis zu zehnmal so hoch gewesen wie noch zu Beginn des Jahres 2021. Seit Anfang 2023 beruhigte sich die Lage aber wieder schrittweise. Anfang 2024 lagen dann die Gaspreise bei etwa 30,- Euro/MWh und die Strompreise bei 83,- Euro/MWh. Den niedrigsten Strompreis hatten wir im April mit etwa 68,- Euro/MWh bei einem Gaspreis von knapp 30,- Euro/MWh.
Seither sind die Preise wieder gestiegen. Strom kostet mittlerweile wieder 90,- Euro/MWh und Gas kostete im August durchschnittlich fast 40,- Euro/MWh.
Handeln statt warten
Was noch dazukommt, ist ein Preissprung für die Emissionsrechte bei der Verbrennung fossiler Energien. Die gesetzlichen EU-Bestimmungen dazu sind seit April 2023 in Kraft.
Die US-Universität Massachusetts Amherst hat im Auftrag der deutschen Bertelsmann-Gesellschaft berechnet, dass die heutige CO2-Abgabe in Europa von rund 70,- Euro pro Tonne bis 2026 auf das Vierfache und mehr steigen könnte. Die fossile Energieversorgung wird in den kommenden Jahren mit ziemlicher Sicherheit teurer als heute, wobei niemand das obere Limit vorhersagen kann. In der Studie der US-Forscher gibt es jedenfalls kein einziges Szenario, bei dem die fossilen Preise in Europa bis 2030 konstant bleiben.
Wer dagegen in den Umstieg auf erneuerbare Energie investiert, sichert sich auf Jahrzehnte konstante niedrige Energiekosten. Vor diesem Hintergrund ist es wirtschaftlich unklug, nur auf die aktuelle Gasrechnung zu schielen. Wer jetzt nicht in den Umstieg auf Erneuerbare investiert, ist den kommenden Preissprüngen hilflos ausgeliefert. Die Technologien für den Umstieg sind am Markt verfügbar, unzählige Praxisbeispiele weisen den Weg, dazu gibt es großzügige Förderungen (sogar einen extra Solarbonus). Wer das ignoriert und auf den nächsten Preisschock wartet, hat sich die Konsequenzen selbst zuzuschreiben.
Die fossile Welt verursacht immer mehr Stress, von dem wir uns nur befreien können, wenn wir auf eine klimaneutrale Zukunft setzen. Gegen den nächsten Preisschock lässt sich etwas tun, jetzt heißt es handeln statt warten!