Smart Home ist neben der Photovoltaik jener Markt für unsere Branche, der die größten Wachstumsraten verspricht. Laut Statista soll er allein in diesem Jahr mehr als 140 Milliarden Euro betragen. Was die Systemsicherheit betrifft, sind allerdings noch nicht alle Hausaufgaben gelöst.
Alexa – mir ist kalt“. Diese in den Raum gesprochene Feststellung reicht schon aus, damit im Hintergrund komplexe Steuerungssysteme in Gang gesetzt werden, die in einer Anhebung der Raumtemperatur gipfeln. Was noch vor wenigen Jahren als bloße Science Fiction abgetan wurde, ist heute zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
Laut Statistik Austria nutzen bereits zwei Drittel aller heimischen Haushalte zumindest ein „intelligentes“ System in ihren vier Wänden. Zwar geht es dabei zumeist (noch) um Unterhaltungselektronik, wie Smart-TVs, Licht- oder Audiosysteme, die Hemmschwelle, derartige Technologien zu nutzen, ist dadurch jedoch deutlich geringer geworden.
Türöffner für Zusatzgeschäfte
Die Bandbreite an Möglichkeiten ist dabei mittlerweile nahezu unüberschaubar geworden. Künstliche Intelligenz (KI) kann heute nicht nur die gesamte Energie-, Haushalts- und Sicherheitstechnik steuern, sondern öffnet im wahrsten Wortsinn auch Türen. Nämlich jene in die nächste Stufe der smarten Unterstützungstechnologie. Und diese gilt der Zusammenführung der derzeit großteils erst als Inselsysteme verfügbaren „Helferlein“.
Und das Gute daran: unsere Branche ist mitten drin in dieser Entwicklung. Denn es sind die Haustechniker, die dafür verantwortlich sind, dass derartige Systeme zuverlässig die Heizung steuern, die Klimaanlage regeln oder etwa den Energiefluss von der Photovoltaikanlage zur Wärmepumpe smart kanalisieren. Entsprechend der Rasanz in der Entwicklung ist davon auszugehen, dass künstliche Intelligenz diese Tätigkeiten künftig deutlich besser werden regeln kann, als es der Mensch imstande ist. Denn sie vernetzt sämtliche verfügbaren Informationen – von den Nutzergewohnheiten bis hin zum langfristigen Wetterbericht –, um für Entscheidungen möglichst alle Eventualitäten zu berücksichtigen. Jüngstes Beispiel ist das System „Clee“ von KWB, das wir in unserer letzten Ausgabe vorgestellt haben.
Markterwartungen gehen durch die Decke
Allein schon wegen der steigenden Energiekosten ist es somit kein Wunder, dass sich die Industrie längst mit derartigen Entwicklungen intensiv auseinandersetzt. Der Bereich „intelligente Steuerung“ ist aktuell der Markt mit dem größten Wachstum. Laut Statista wird der Umsatz mit Smart Home-Produkten allein in diesem Jahr bereits mehr als 140 Milliarden Euro betragen und sich bis 2028 nahezu verdoppeln.
Dennoch könnte der Markt noch schneller wachsen, gebe es die teilweise stark ausgeprägten Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung nicht. Sie sind laut einer aktuellen Studie dafür verantwortlich, warum es immer noch Menschen gibt, die derartige Systeme komplett ablehnen. Sie gelten bei der Vermarktung smarter Geräte und Systeme als größte Hürde. Es liegt somit in der Verantwortung der Industrie, sichere Geräte anzubieten und einheitliche Standards zu entwickeln, die derartige Bedenken ausräumen. Bei letzterem ist man jedenfalls bereits einen großen Schritt weiter.
Denn der neue Smart-Home-Standard „Matter“ dürfte auf diesem Gebiet so etwas wie die „eierlegende Wollmilchsau“ sein. Er ist in der Lage, all jene Produkte und Systeme, die diesen Standard nutzen, untereinander zu vernetzen und zu steuern – und dies mit nur einer App und ohne Cloudanbindung an Fernost. So steht es zumindest in den Hochglanz-Marketing-Broschüren der Anbieter, die sich in der „Connectivity Standards Alliance“ (CSA) zusammengeschlossen haben. Darin sitzen unter anderem die großen drei auf diesem Markt, nämlich Amazon, Apple und Google.
Esperanto für die Gerätekommunikation
Bei „Matter“ handelt es sich um ein sicheres Übertragungsprotokoll, das Befehle über sämtliche Produkt- und Markengrenzen hinweg für alle Geräte verständlich macht. So, wie wir uns überall dort etwa auf Englisch unterhalten müssen, wo unsere Sprache nicht verstanden wird. Auf diese neue Weltsprache haben sich nun also endlich die Big Player auf diesem Gebiet geeinigt. Was dazu geführt hat, dass nun auch alle anderen nachziehen. Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu.
Der größte Vorteil dieses neuen Standards ist, dass er völlig ohne Cloudanbindung auskommt, was bisher als eine der größten Sicherheitsbedenken festgemacht wurde. Das neue Protokoll verknüpft die unterschiedlichen Geräte somit ohne Online-Konto in möglicherweise zweifelhaften Regionen, sondern sendet die Befehle ohne Umweg über das Internet an sein Ziel. Kein Server ist damit mehr dabei eingebunden, wenn die Heizung gesteuert, das Licht angemacht, oder die Rollläden heruntergelassen werden. Als Kompromiss wurde bei diesem Standard jedoch (einstweilen?) noch zugelassen, dass etwaige Zusatzfunktionen der Anbieter nach wie vor auch noch über deren Cloud-Dienste laufen, da sonst die beliebten Sprachbefehle nicht ausgeführt werden könnten. Experten zufolge ist es jedoch nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dies ohne externe Server möglich sein wird. Auch die Bedienung wird vereinfacht. Waren bisher unzählige Software-Applikationen erforderlich, um die unterschiedlichen Geräte zu bedienen, lassen sich diese mittels Matter mit nur noch einer App steuern. Matter-kompatible Produkte sind zudem auch in unterschiedlichen Systemwelten zeitgleich nutzbar – egal, ob der Partner beispielsweise ein Apple-Handy oder ein Android-Tablet nutzt.
Keine Chancen mehr für Hacker
Abgesichert wird dieser neue Standard durch ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept, das den Datentransfer vor Eingriffen von außen schützt. Denn die Schaltbefehle im Eigenheim werden ausschließlich verschlüsselt ausgetauscht. Und damit sich kein dubioser Anbieter über die Hintertür mit seinem Gerät in dieses Netz einwählen kann, bekommen alle von dieser Allianz autorisierten Geräte eine individuelle Kennung, ähnlich einem fälschungssicheren Hologramm. Unentdeckt Schadsoftware zu installieren, dürfte derart ausgeschlossen sein, da manipulierte Teile durch die in der Blockchain verteilte Datenbank durch den laufenden Abgleich sofort erkannt werden.