Was Produkte, aber auch Normen und Richtlinien betrifft, ist der Zyklus an Neuheiten und Weiterentwicklungen in keinem Bereich höher, als in der SHK-Branche. Will man auf Augenhöhe mit dem Status quo bleiben, sind entsprechende Schulungen daher unumgänglich. Wie diese umgesetzt werden und welche Alternativen es gibt, hat uns Installateur-Meister Samir Demiroski anhand des Ablaufs im Viega-Schulungszentrum am Attersee beschrieben.
Herr Demiroski, wie innovationsfreudig sind Installateure? Wie offen sind sie Ihrer Wahrnehmung nach für neue Produkte?
Darauf kann ich keine einheitliche Antwort geben. Es gibt auf der einen Seite sehr viele Installateure, die sich von neuen Produkten und Systemen begeistern lassen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch jene Gruppe an Handwerkern, die bevorzugt mit Lösungen arbeiten, die sich durch die Jahre bewährt haben. Sie handeln nach dem Motto „never change a winning System“. Für diese Installateure ist eine deutlich höhere Aufklärungsarbeit zu leisten, um sie zu überzeugen, dass das Bessere der Feind des Guten ist.
Wenn Installateure mit ihren Systemen zufrieden sind: Wie schwer ist es, diese für Neues zu begeistern?
Ein passendes Beispiel ist etwa die Viega-Systemfamilie „Megapress“. Hier sind die zahlreichen Vorteile, wie vereinfachte Montage, höhere Sicherheit und vor allem der signifikante Einbau-Zeitvorteil so eindeutig, dass selbst die – sagen wir „traditionsbehaftete“ Gruppe – ihre davor bewährte Arbeitsweise abändert. Oft lässt sich bei unseren Seminaren und Schulungen ein klassischer Verlauf ablesen. Zu Beginn überwiegt oft die „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht“-Gruppe. Dadurch, dass unsere Seminare interaktiv ablaufen und sich die Teilnehmer mit ihren kritischen Fragen laufend einbringen und an den Systemen auch selbst Hand anlegen, kann jeder für sich selbst sehr gut erkennen, ob die jeweilige Neuheit einen persönlichen Vorteil bringt. Unsere Erfahrung zeigt, dass derart am Ende des Tages selbst die kritischsten Geister ihre bewährten Wege hinterfragen.
Produkte für Installateure sind in der Regel derart erklärungsintensiv, dass man mit reinen Frontalvorträgen und Produktinformationen auf verlorenem Posten steht. Derartige Systeme müssen einfach vom Handwerker im wahrsten Wortsinn „begriffen“ werden.
Ich glaube außerdem, dass der Montagekräftemangel und die damit verbundene Suche nach Zeitersparnis einer der zentralen Innovationstreiber der heutigen Zeit ist.
Was ist aus Ihrer Sicht der Königsweg der Wissensvermittlung? Ist die persönliche Schulung immer erste Wahl?
Natürlich! Die Herausforderung ist dabei jedoch, die unter Zeitdruck stehenden Installateure davon zu überzeugen, an einer derartigen Schulung teilzunehmen. Aber auch bei Schulungen selbst gibt es eine Differenzierung: Wir kommen dafür zwar gerne in die Installateurbetriebe, empfehlen jedoch, dafür unser Seminarzentrum am Attersee zu nutzen. Nicht nur darum, weil in dieser schönen Kulisse das Lernen zum Erlebnis wird, sondern vor allem, weil der Alltag im Betrieb oft auch für Ablenkung sorgt.
Abseits von Schulungen versorgt die Industrie potenzielle Interessenten jedoch auf sämtlichen Medienkanälen mit Informationen – bis hin zu Online-Erklärvideos und FAQ-Listen, in denen sämtliche Fragen ausführlich beantwortet werden. Oft sind diese Kanäle sogar der Auslöser, dass Installateure dann doch auch ein persönliches Seminar buchen.
Wie sollten Schulungen ablaufen? Kommt eine Präsentation in Form von „Infotainment“ gut an? Oder haben die Teilnehmer in der Regel nicht die Zeit, um sich dafür einen ganzen Tag freizunehmen?
Viega hat eine sehr große Expertise im Schulungsbereich. Schließlich setzen wir jährlich bis zu 150 Fach- und Themenseminare um. Daher haben wir durch die Jahre sehr gut erkennen können, wie die Struktur aufgebaut sein muss, um den Besuchern nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern diese Wissensvermittlung auch ein Stück weit zum Erlebnis zu machen – inklusive Rahmenprogramm. Denn wenn sich unsere Teilnehmer entschließen, trotz dichtem Terminkalender ein bis zwei Tage in eine Schulung zu investieren, sollen sie diese Zeit in guter Erinnerung behalten und daher immer wieder kommen wollen.
Wir erhalten nicht selten Feedback, dass sich unsere Schulungen dadurch auszeichnen, dass sie unter anderem auch eine Vertiefung des Teambuilding gebracht hätten.
Neben unseren Schulungen, die für Gruppen zwischen fünf und 30 Personen für die jeweiligen Installationsbetriebe individuell zusammengestellt werden, bieten wir auch zahlreiche Themenseminare – etwa zu neuen Normen und Richtlinien. Aktuell ist übrigens unsere Vortragsreihe zur Trinkwasserhygiene sehr beliebt. Diese Thementage sind in unserem Seminarkatalog zusammengefasst und können online gegen einen geringen Kostenbeitrag gebucht werden. Nicht selten kommt es vor, dass sich nach einer individuellen Schulung die Teilnehmer dann auch noch für unsere Themenseminare anmelden. Reine Produktschulungen gibt es bei Viega übrigens nur dann, wenn dies von den Teilnehmern – beispielsweise aus Zeitgründen – explizit gewünscht wird. In der Regel behandeln wir Herausforderungen der Branche so, dass wir in einem allgemeinen Teil auf den Status quo eingehen, entsprechende Fragen dazu diskutieren, und danach unsere Lösungen präsentieren.
Inwieweit sind Firmenchefs bereit, ihre Mitarbeiter auf Schulungen zu schicken?
Es hängt erfahrungsgemäß von der Region ab. In Wien ist es beispielsweise besonders schwer, Inhaber von Installationsbetrieben davon zu überzeugen, dass sich das schulungsbedingte Fehlen ihrer Mitarbeiter für ein bis zwei Tage sehr schnell rechnet, da sich dadurch die Effizienz auf den Baustellen erhöht. Leichter ist es jedenfalls, wenn der Chef selbst bereits Teilnehmer war, und sich dadurch überzeugen konnte, dass wir dazu beitragen, den Workflow zu beschleunigen.
Natürlich ist der Industrieanbieter die erste Wahl für Schulungen. Inwieweit übernimmt diesen Part aber beispielsweise auch der Großhandel?
Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Großhandel über einen Partner verfügen, der jenes Wissen an seine Kunden weitergibt, das er sich bei unseren Schulungen geholt hat. Der Großhandel ist somit ein wertvoller Multiplikator für uns. Nicht zu verwechseln ist dies jedoch mit reinen Verkaufsförderungsaktivitäten des Großhandels, wie sie beispielsweise die so genannten Thekentage bieten. Zu diesen Terminen bekommen die Hersteller die Möglichkeit, in den Installateurzentren ihre Produkte vor Ort zu präsentieren. Dies lässt sich jedoch mit den von uns angebotenen Schulungen überhaupt nicht vergleichen.
Seit Corona haben wir gelernt, mit Teams umzugehen. Wie werden Online-Schulungen in unserer Branche heute angenommen?
Es ist kein Geheimnis, dass Online-Schulungen in der Haustechnik überhaupt nicht funktionieren. Es gibt wohl kaum eine andere Branche, in der der persönliche Kontakt so wichtig ist, wie im SHK-Bereich. Und noch viel mehr gilt dies für Schulungen. Bester Beweis ist die hervorragende Buchungslage unseres großen Seminarcenters am Attersee.
Welche Form von Schulungsvideos haben sich auf Youtube bewährt?
Wenn man ein System noch nicht benutzt hat und eine persönliche Einschulung gerade nicht möglich ist, haben derartige Videos schon ihre Berechtigung. Unser Zugang ist da jedoch etwas anders, weil wir glauben, dass herkömmliche Montagevideos aus der Zeit gefallen sind. Unsere Online-Clips dienen eher der kurzen und klaren Beantwortung akuter Fragen. Davon kann sich jeder überzeugen, der auf Youtube unseren Channel „Viega Österreich“ anwählt. Unter dem Titel „Frag Viega“ bieten wir im Rahmen von 50-Sekunden-Clips all jene Infos, die bei unseren Schulungen am häufigsten abgefragt wurden.
Haben Bedienungsanleitungen auf Papier ausgedient, oder werden sie noch genutzt?
Gegenfrage: Wann werden Bedienungsanleitungen in der Regel gelesen? Zumeist dann, wenn das Produkt falsch montiert wurde. Daher haben sie natürlich auch heute noch ihre Berechtigung. Außerdem sind bei derartigen Anleitungen oft auch QR-Codes eingebettet, mittels denen man zusätzlich auch noch Videos abrufen kann.
Wie sieht es bei besonders erklärungsintensiven Produkten aus? Werden auch Einführungen direkt auf der Baustelle angeboten?
Das ist für mich als Außendienstmitarbeiter der eigentliche Alltag. Wenn ein Kunde noch nie mit einem unserer Systeme gearbeitet hat, komme ich zur Baustelle und erkläre den Monteuren direkt vor Ort den richtigen Umgang mit unseren Produkten.
Was sind die gängigsten Fragen, die bei Schulungen üblicherweise von Teilnehmern kommen?
Das lässt sich so nicht beantworten. Es sind wirklich total unterschiedliche, individuelle Fragen. Und nachdem unser Produktportfolio sehr groß ist, spiegelt sich das auch in den entsprechenden Fragen wider. Doch – eine Frage kommt regelmäßig bei jeder Schulung: Was es zum Mittagessen gibt (lacht).